Ulm, 17. August 2020 – Die derzeitige Corona-bedingte Krise in den Branchen Maschinenbau und Fahrzeugbau hat auch Folgen für die Absolventen, die aktuell mit einem Bachelor- oder Masterabschluss die Hochschulen verlassen. Nach Ansicht von Joachim Lang, Unternehmensberater und Personalvermittler für Ingenieure und langjähriger Vorsitzender des Fördervereins der Hochschule Ulm, werden diese neuen Arbeitskräfte derzeit am Markt kaum gesucht. „Die Arbeitgeber sehen zu, dass Sie ihre bestehenden Fachleute halten und die Existenz ihrer Betriebe sichern können, viele machen sich im Moment weniger Gedanken um Neueinstellungen“, sagte Lang bei einer Veranstaltung mit Mentoren und Mentees des Alumni- und Fördervereins der Hochschule.
Corona erschwert Berufseinstieg von Hochschul-Absolventen
Mentoring-Veranstaltung der TH Ulm mit Joachim Lang vom Arbeitskreis Personal
Lang, der auch den Beirat und den Arbeitskreis Nachwuchs-Ausbildung-Personal im Cluster Nutzfahrzeuge Schwaben (CNS) leitet, appellierte an die Studierenden und Absolventen, sich gerade deshalb um eine umfassende Qualifikation und fachliche Kompetenz zu bemühen. „Durch den Bologna-Prozess und andere Einflüsse ist die fachliche Qualität der Absolventen in den vergangenen Jahren deutlich gesunken.“ Zwar habe sich die Akademikerquote – auch weil politisch gewollt – verdoppelt, vielen Absolventen fehle es jedoch an fachlich notwendigen Basics. Durch die Corona-Krise seien weitere Anforderungen im Berufsleben hinzugekommen. „Ich erwarte von Bewerbern heute, dass sie nicht nur Grundlagen wie Deutsch, Mathe und Physik kennen, sondern dass sie auch Umgangsformen beherrschen und wissen wie man eine Videokonferenz einrichtet und mitmacht.“
Die derzeitige Krise setze aber nicht nur die Absolventen unter Druck, sondern auch die Arbeitgeber. „Der Fahrzeugbau hat schon letztes Jahr geschwächelt, auch durch die Diskussion um die Zukunft der Antriebe und die E-Mobilität“, erklärte Lang. Außerdem wachse der Aufwand für immer mehr verlangte Dokumentationen, Nachweise, Auflagen und Genehmigungen. „Wir erleben derzeit einen massiven Strukturwandel.“ Darum müssten viele Unternehmen sich und ihre Leistungen auf dem Markt neu positionieren und überzeugend präsentieren. Dazu gehöre auch, im Bewerbungsprozess schneller zu werden. „Ich habe festgestellt, dass sich die Geschwindigkeit massiv erhöht hat, auch durch die intensive Digitalisierung als Folge von Corona.“
Bei den Firmen, die derzeit neue Beschäftigte einstellen, habe sich der gesamte Bewerbungsprozess beschleunigt, der Erstkontakt zwischen Bewerber und Unternehmen finde heute viel schneller statt. „Wenn wir eine gute Bewerbung erhalten, möchte ich, dass wir nach spätestens 24 Stunden einen ersten persönlichen Kontakt haben, telefonisch, per Mail oder per Video. Denn ich will auch in der Krise die besten Leute gewinnen.“ Die besten Absolventen werden auch künftig ihren Arbeitgeber aussuchen können, da sei der erste Kontakt mitunter entscheidend. „Da werden auch die Unternehmen mitziehen müssen, die Skype und Teams als Modeerscheinung abtun. Sonst verlieren die den Anschluss“, erklärte Joachim Lang.